Die wichtigsten Begriffe und Definitionen

 

 

Weitere Begriffe finden Sie im Glossar unter http://www.medienbildung.ch

 

Medienpädagogik

 

Der Begriff der Medienpädagogik wird in der Literatur am häufigsten verwendet als Gesamtrahmen für die Behandlung von Fragen theoretischer und praktischer Art im Spannungsfeld von Medien und Erziehung. "Er umfasst alle Bereiche, in denen Medien für die Entwicklung des Menschen, für die Erziehung, für die Aus- und Weiterbildung sowie für die Erwachsenenbildung pädagogische Relevanz haben" (Issing 1987a, S. 24). Medienpädagogik setzt sich auch "mit allen an der Massenkommunikation beteiligten Instanzen und Angeboten auseinander: mit dem Rezipienten ebenso wie mit dem Kommunikator, mit dem einzelnen Text ebenso wie mit dem Mediensystem" (Doelker 1993, S. 1, vgl. zur Geschichte und Entwicklung der Medienpädagogik z.B. auch Issing 1987a oder Baumann 2001).

 

Beispiele für Fragen, mit denen sich die Medienpädagogik befasst:


·         Was bedeutet es für die Schule, dass immer mehr Menschen mit dem Computer arbeiten müssen?

·         Was tun Kinder am liebsten in ihrer Freizeit? Welche Bedeutung haben Medien innerhalb der gesamten Freizeit der Kinder?

·         Warum ist Fernsehen bei so vielen Kindern beliebt?

·         (Wie) beeinflussen uns die Medien?

·         Welche Rolle spielen Medien in unserm Alltag? – Und was müssen Schülerinnen und Schüler lernen, um diesen Medien-Alltag zu bewältigen?

·         Kann man Fernsehen lernen? Wie lernt man das? Wer hat dabei welche Aufgabe (Schule, Eltern,...)

·         Wie, warum, wo, wozu usw. nutzen Schülerinnen und Schüler eigentlich Medien? Inwiefern fördert die Mediennutzung auch die persönliche Entwicklung? Unter welchen Bedingungen beeinträchtigt Mediennutzung die persönliche Entwicklung? Wo liegen die Unterschiede zwischen Knaben und Mädchen?

·         Wie verarbeiten Schülerinnen und Schüler Medieneinflüsse? Wie sprechen wir im Unterricht darüber?

 

 

Medien

 

Der Begriff der Medien hat verschiedene Bedeutungen und wird daher sehr unterschiedlich gebraucht. Im Einzelfall muss genauer bezeichnet werden, was damit gemeint ist.

 

Wir verwenden einen Medienbegriff, der Medien versteht "als Mittler, durch die in kommunikativen Zusammenhängen potenzielle Zeichen mit technischer Unterstützung übertragen, gespeichert, wiedergegeben oder verarbeitet und in abbildhafter oder symbolischer Form präsentiert werden." Tulodziecki/Herzig 2002, S. 64). Er umfasst "sowohl Geräte, bzw. Einrichtungen zur Übertragung, Speicherung, Wiedergabe oder Verarbeitung von Zeichen als auch die dazugehörigen Materialien bzw. die Software sowie deren technisches und funktionales Zusammenwirken bei der Kommunikation“ (Tulodziecki/Herzig 2002, S. 64).

 

Der Begriff kann sich sowohl auf ein Gesamtmedium (z.B. Fernsehen oder Computer), als auch auf einzelne Medienarten (z.B. Fernsehmagazin oder Lernsoftware) sowie Einzelmedien, z.B. ein bestimmtes Produkt beziehen (vgl. Tulodziecki/Herzig 2002, S. 64). Ausdrücklich eingeschlossen in die Überlegungen sind auch Medien als Medienbetriebe und Institutionen.

 

Ohne Anspruch auf eine trennscharfe Unterteilung und auf Vollständigkeit nennen Tulodziecki und Herzig (2002, S. 20) folgende Bereiche von Medien als Institutionen:

·         Presse (Zeitung und Zeitschrift)

·         Buch (Fachbuch, Wissenschaft, Allgemeine Literatur)

·         Rundfunk (Hörfunk, Fernsehen, Videotext)

·         Film (Kinofilm, VHS-Video, DVD-Video, Bildplatte)

·         Computersoftware (Offline: Diskette, CD-ROM und DVD ROM)

·         Telekommunikation (Telefon, Telefax Informationsdienste, Internet)

 

Mit guten Gründen könnte auch die Sprache als Medium dargestellt werden, ohne die letztlich eine differenzierte Interaktion unmöglich wäre. Ein so weit gefasster Medienbegriff ist allerdings für unsere Zwecke wenig sinnvoll (vgl. Topsch 2002, Tulodziecki/Herzig 2002).

 

 

Unterrichts- und Massenmedien

 

Von Bedeutung ist zunächst die Unterscheidung in Unterrichts- und Massenmedien. In Anlehnung an Schludermann (1981) weist Baumann (2001, S. 35) darauf hin, dass die Unterscheidung zwischen Unterrichts- und Massenmedien keine kategoriale Unterscheidung sein kann. Dasselbe Medium kann – je nach unmittelbarem Funktionszusammenhang – einmal Massen- und einmal Unterrichtsmedium sein. Eine Unterscheidung ist insofern von Bedeutung, als sie in diesem unmittelbaren Funktionszusammenhang erfolgt. Als Unterrichtsmedium wird also ein Medium bezeichnet, wenn es im Unterricht zur Vermittlung von Lerninhalten eingesetzt wird.

 

Für unseren Zweck ist wichtig festzuhalten, dass der Focus nicht auf der Lehrerinnen-/Lehrerebene liegt, sondern auf der Schülerinnen-/Schülerebene. Es geht also nicht primär um die Frage, wie die Lehrkraft Medien sinnvoll einsetzt, sondern was die Schülerinnen und Schüler lernen sollen.

 

 

Massenmedien

 

In der Tradition des Zürcher Ansatzes stehen die Massenmedien im Zentrum. Massenkommunikation ist nach traditioneller Definition öffentlich, einseitig, indirekt und richtet sich an ein disperses Publikum (vgl. Maletzke 1976, 1980, Noelle-Neumann 1989, S. 103). Eine umfassende schulische Medienerziehung kann sich heute allerdings nicht auf Massenmedien und Massenkommunikationsprozess beschränken, sondern muss letztlich alle Medien, die zu Information und Kommunikation dienen, in ihre Überlegungen einschliessen.

Computer sowie Neue Informations- und Kommunikationstechnologien

 

Mit in die Überlegungen eingeschlossen werden muss insbesondere der Computer. Dabei ist von Bedeutung, dass dieser zunächst einmal lediglich eine Maschine zur elektronischen Datenverarbeitung ist. Dass es heute unvermeidbar ist, den Computer mit in die Überlegungen der Medienpädagogik einzubeziehen, hängt von dessen Multifunktionalität ab. Zahlreiche Anwendungen stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit Medien. Je nach Funktion, für die wir den Computer verwenden, können wir ihn betrachten als:

·         Arbeitsgerät, mit dessen Hilfe wir bestimmte Tätigkeiten (oft schneller oder besser) ausführen können:

-          Schreibmaschine

-          Rechner

-          Kreativ-Werkstatt, um Texte, Bilder, Töne usw. zu bearbeiten

-          Kasse, Buchhaltungsmaschine usw.

·         Kommunikationsmedium

-          E-Mail

-          Chat

-          Newsgroups

-          Telefon

·         Technisches Gerät zur Mediendarbietung von

-          Spielen

-          Sprachlichen Texten, Bildern, Tönen – allein oder als Multimedia-Produkte kombiniert

-          Lernprogrammen

-          Inhalten des Internet (darunter auch Bücher, Zeitungen, Radio- und Fernsehsendungen, Musikstücke, animierte Bilder, Filme, multimediale Präsentationen) (vgl. Hüther 1997, S. 59f., Baumann 2001, S. 275-282)

-          Insbesondere ideales Gerät zur Darbietung von interaktiven Hypertexten

·         Steuerungselement von andern technischen Geräten, zur Datenübertragung usw.

 

Namentlich die beim Computer mögliche Interaktivität ist unter schulpädagogischem Gesichtspunkt von zentraler Bedeutung und eröffnet neue Möglichkeiten.

 

Über den Computer hinaus gibt es eine Reihe von weiteren computergestützten Geräten, die ganz wesentlich Zugang zu Information und Kommunikation bieten und daher zu den Neuen Informations- und Kommunikationstechnologien gezählt werden (Handy, Pager usw.). Wir verwenden für die Neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (NIKT oder IKT) in der Regel die englische Abkürzung ICT, die sich im Fachdiskurs auch im Deutschen Sprachraum in den letzten Jahren weitgehend durchgesetzt hat.

 

Topsch (2002, S. 133) spricht im Zusammenhang mit dem Computer von Softwaremedien und unterteilt diese unter pädagogischem Gesichtspunkt ein in  Medien für:

·         Beschäftigung: Spielprogramme, Beschäftigungsprogramme, Edutainment

·         Unterricht (Lehren, Lernen, Üben, Anwenden, Bewerten): Drill-Programme, Übungs- und Anwendungsprogramme, Kursprogramme, Anwendungsprogramme, Tutorenprogramme, Simulationen, virtuelle Lernumwelten etc.

·         Information: Datenbanken, Lexika, Infotainment etc.

·         Gestaltung: Textverarbeitung, Bildverarbeitung, Programmierwerkzeuge, Suchmaschinen usw.

 

Tulodziecki und Herzig (2002, S. 17f.) unterteilen noch feiner in Übungsprogramme, Offene Lehrsysteme, Datenbestände, Lernspiele, Werkzeuge, Experimentier- und Simulationsumgebungen sowie Kommunikations- und Kooperationsumgebungen.

Neue Medien sind nach Bollmann (1995, S. 12) "alle Verfahren und Mittel, die mit Hilfe digitaler Technologie, also computerunterstützt, bislang nicht gebräuchliche Formen von Informationsverarbeitung, Informationsspeicherung und Informationsübertragung, aber auch neuartige Formen von Kommunikation ermöglichen."

Massenmedien:

TV, Film, Video

Radio, Kassetten, CDs, Schallplatten

Zeitungen, Zeitschriften, Comics

Bücher

Plakate, Flugblätter, Prospekte

CD-ROMs (Computerspiele), Videogames, teilw. Gameboy

WWW, Newsgroups

Kommunikationsmedien

Telefon, Handy, Pager, E-Mail, Chat, SMS

ICT/NIKT (Neue Informations- und Kommunikationstechnologien)

Sammelbegriff für computergestützte Medien zur Verarbeitung, Vermittlung, Verarbeitung und Verbreitung von Informationen

Schulmedien, Didaktische Medien

Medien, die im Unterricht eingesetzt werden, um Lernprozesse zu unterstützen:

TV, Video, Kassettenrekorder

Hellraumprojektor

Hellraumprojektor

Wandtafel

Schulwandbild

Computer

 

Medienerziehung

 

Die Medienerziehung als Teilgebiet der Medienpädagogik befasst sich vorwiegend mit Massenmedien, teilweise auch mit Unterrichtsmedien, und hat das Ziel, "zu einem bewussten, reflektierten, kritischen, d.h. sozial erwünschten Umgang mit den Medien zu erziehen" (Issing 1987a, S. 25).

 

"Grundlagen für die Medienerziehung sind die Medienkunde und die Medienforschung, letztere nicht nur hinsichtlich ihrer Theorien und Forschungsergebnisse, sondern auch hinsichtlich ihrer Arbeitsinstrumente und Verfahren" (Issing 1987a, S. 25).

 

 

Mediendidaktik

 

Mediendidaktik befasst sich "mit den Funktionen und Wirkungen von Medien in Lehr- und Lernprozessen" (Issing 1987a, S. 25). Sie hat zum Ziel, dass Medien im Unterricht optimal ausgewählt und eingesetzt werden im Hinblick auf den intendierten Unterricht und unter Berücksichtigung der entsprechenden Bedingungen.

 

 

Medienkunde

 

Medienkunde umfasst die Kenntnisse über die Medien, "z.B. über die historische Entwicklung der Medien, über Medieninstitutionen und ihre Organisation, über Mediengesetzgebung, Produktionsprozesse, Technik und Gestaltung von Medien; auch die Vermittlung von Erfahrungen in der Bedienung und praktischen Handhabung von Medien zählt zu den Aufgaben der Medienkunde" (Issing 1987a, S. 26, vgl. auch Topsch 2002, S. 125).

 

 

Medienbildung

 

In Folge der technischen Entwicklung werden die klaren Grenzen zwischen Medien und Computer zunehmend aufgehoben. So setzte sich allmählich die Einsicht durch, dass die ursprünglich getrennt behandelten Fragen nach "informationstechnischer Grundbildung" und "Medienerziehung" zusammen betrachtet werden müssen. Um diese Integration auch begrifflich deutlich zu machen, wurde der neue Begriff der "Medienbildung" eingeführt. Medienbildung bezieht also ICT in ihre Überlegungen ein (vgl. Pestalozzianum 1998, Doelker 2001a).

Medienkompetenz

 

Der Begriff der Medienkompetenz erfreut sich in den letzten Jahren sowohl in Wissenschaft, als auch in Wirtschaft oder Politik grosser Beliebtheit (Baumann 2001, Hamm 2001, Groeben 2002). Zwar lassen sich zahlreiche Gründe anführen, weshalb der Begriff nicht unproblematisch ist (Baumann 2001, S. 201, Groeben 2002, S. 12), doch ist er so weit verbreitet, dass für die Wissenschaft kaum noch die Möglichkeit besteht, ihn zu vermeiden (Groeben 2002, S. 12). Baumann (2001, S. 201-253) zeigt allerdings auf, wie unterschiedlich Medienkompetenz definiert wird. Von der Fähigkeit, ein Computerprogramm zu bedienen über die Auswahl und Nutzung von CD-ROMs oder Bilder zu verstehen bis zu umfassender Kompetenz im Sinne von Chomskys Grammatik-Theorie (Chomsky 1965) sind mit dem Begriff höchst unterschiedliche Vorstellungen und Konzepte verbunden.

 

Ich verzichte hier darauf, den Begriff ausführlich zu diskutieren und verweise auf Baumann 2001, Hamm 2001, Groeben und Hurrelmann 2002. Für unser Ziel der schulischen Medienbildung ist die theoretische Konzeption von Medienkompetenz weniger bedeutend. Von zentraler Bedeutung ist hingegen, welche Lernziele für das Leben in der Mediengesellschaft zu erreichen sind (vgl. Ernst/Merz 2003): Welche Fähigkeiten brauchen Schülerinnen und Schüler, um in einer Medienwelt sachgerecht, selbstbestimmt, kreativ und sozial verantwortlich zu handeln (vgl. Tulodziecki/Herzig 2002).

 

Für unser Ziel der schulischen Medienbildung lässt sich hier immerhin festhalten: Soll der Begriff Medienkompetenz verwendet werden, um das Ziel schulischer Medienbildung zu bezeichnen, dann ist von Bedeutung, dass wir einen weiten Begriff von Medienkompetenz vertreten, der weit über die technische Dimension hinaus geht und verschiedene Dimensionen einschliesst (z.B. im Sinne von Doelker 1992a, Moser 2001, Tulodziecki 1997, 2002).

 

 

Medienforschung

 

Medienforschung befasst sich wissenschaftlich mit den Grundlagen für die übrigen Bereiche. Entsprechend gehören dazu sowohl die publizistikwissenschaftliche Forschung, als auch die mediendidaktisch orientierte Forschung. Die Medienforschung bezieht dazu die Ergebnisse verschiedener Disziplinen ein: Medienpsychologie, Mediensoziologie, Medienphilosophie usw.

 

Multimedia

Der gebräuchliche Begriff Multimedia weist eigentlich auf die Kombination verschiedener Medien hin. Also könnte Multimedia auch ein Paket, bestehend aus Film-, Foto- und Textmaterial, sein. Jedoch hat sich im Laufe der Zeit die Bedeutung gewandelt. Verwendet wird er heute in der Regel zur Bezeichnung von Medienprodukten, die mit Hilfe des Computers abgespielt werden können und meint die "durch die digitale Computertechnik möglich gewordene Zusammenführung aller Bild-, Ton-, Text-, Grafik-, Animations- und Datenübertragungsmöglichkeiten. Die Aufbereitung der Informations- und Unterhaltungsangebote erfolgt durch das interaktive Agieren der Nutzer.

 

Interaktivität

Ein wichtiges Multimedia-Element ist die Interaktivität: Rezipient/-innen können eine Darbietung mitbeeinflussen:

·         durch das Verfolgen von vorgegebene Weichen, bzw. Links

·         durch die Beeinflussung und Veränderung eines Programms im Rahmen vorgegebener Möglichkeiten

·         durch eigenständige Gestaltung eines Programms, wo die Rezipientin kreativ ein Programm verändern und auch eigene Ideen einbringen, bzw. selber als Senderin auftreten kann.