Jesus als Wundertäter

Das öffentliche Wirken nimmt im Leben Jesu nur eine kurze Zeitspanne ein. Zwischen Taufe und Kreuzigung zieht er mit seiner Schar umher und wirkt vor allem als Wanderprediger und als Wundertäter.

Die Wunder nehmen in den Evangelien eine zentrale Stellung ein. Jesus gilt als "der grosse Wundertäter" schlechthin.

Für Zuhörerinnen und Zuhörer Ende des 20. Jahrhunderts ist diese Wundertätigkeit keineswegs einfach zu verstehen. Zuviele Hindernisse schieben sich zwischen unsere Alltagserfahrung und die Überlieferung der Bibel, als dass wir solche Berichte einfach hören und annehmen könnten.

Wie ist diese Wundertätigkeit zu verstehen? Was hilft uns, diese Berichte vom Wirken Jesu wahr- und ernstzunehmen? Wie können wir mit den Kindern von diesen Wundergeschichten sprechen?

Für das Verständnis der neutestamentlichen Wundergeschichten ist von zentraler Bedeutung, dass unser heutiger Begriff "Wunder" in keiner Weise dem entspricht, was die Menschen rund um Jesus darunter verstanden haben.

Heutiges Wunderverständnis

Antikes Wunderverständnis

Als Wunder betrachten wir, was den Naturgesetzen – oder zumindest dem gesunden Menschenverstand – gründlich widerspricht.

Für den Menschen der Antike war klar:

  • Die Welt ist voller Wunder
  • Gott durchdringt die Welt bis ins kleinste Detail. Wenn ein kranker Mensch gesund wird, zeigt sich darin Gottes Macht, wenn aus einem Samen eine Pflanze spriesst, ist darin Gott am Werk. – Solche Wunder gehören zur Alltagserfahrung.

Es ist nicht nur ein Wunder, wenn etwas Aussergewöhnliches geschieht. Sondern Gott schenkt mir in jedem Moment das Leben neu. Und auch das ist ein Wunder!

  • Es ist gibt nicht eine Grenze zwischen "aus naturwissenschaftlicher Sicht Möglichem" und "nicht Möglichem". Es gibt lediglich Ereignisse, die man eher erwartet und Ereignisse, die sind aussergewöhnlicher.

Wollen wir die Kluft zwischen den biblischen Wunderberichten und unserer heutigen Skepsis überbrücken, so helfen uns verschiedene Feststellungen:

Didaktische Hinweise zu den Wundergeschichten in der Primarschule:

Unterstufe: In der Unterstufe herrscht bei den Kindern ein unbeschwertes, naives Weltbild vor. Die Kinder lieben Geschichten mit Jesus von Nazareth. Sie freuen sich mit, wenn Jesus Menschen heilt, wenn er Blinde sehend macht, wenn Lahme wieder gehen können. Die Wundergeschichten sind wichtige Hoffnungsgeschichten für die Kinder. In dieser Altersstufe ist das naturwissenschaftliche Weltbild, das für die meisten Erwachsenen prägend ist, keineswegs dominierend. Wundergeschichten stellen darum nicht ein vorhandenes Weltbild in Frage, sondern sie können für die Kinder selbstverständlich neben anderen Geschichten stehen.

Gegen Ende der Unterstufe wird die Haltung der Kinder immer kritischer. Wenn einige Kinder die Wundergeschichten immer mehr hinterfragen, treten die Wundergeschichten für einige Zeit besser in den Hintergrund. (Nicht weil die Wundergeschichten kritischen Anfragen nicht standhalten würden, sondern weil die Kinder in der Klasse in dieser Zeit an sehr unterschiedlichen Standpunkten stehen.)

Alttestamtentliche Texte (Abraham, Daniel, Mose, die erste Zeit in Kanaan), die Passionsgeschichte und die politische und religiöse Situation zur Zeit Jesu sind in dieser Phase dankbare Themen. Auch der Hintergrund von Festen und Bräuchen interessiert Kinder in diesem Alter.

Spätere Mittelstufe: Sobald die Klasse grösstenteils die kritische Stufe erreicht hat, können wir wieder Wundergeschichten erzählen. Jetzt allerdings nicht mehr unkritisch und unhinterfragt. Wichtig ist nun, in einer eigenen Einheit mit den Kindern daran zu arbeiten, die richtige Frage zu stellen. Es geht nicht um die Frage (die meistens gestellt wird), ob die Geschichten so geschehen sind. Sondern es geht um die Frage, ob die Geschichten etwas Wahres mitteilen.

Diese Unterscheidung soll in einer eigenen Unterrichtseinheit mit den Kindern immer wieder trainiert werden: Wann sagt ein Text, eine Geschichte, ein Gedicht, ein Film usw. etwas Wahres? Wo gibt es Ereignisse, die zwar so geschehen sind, aber doch nichts Typisches - nichts "Wahres" in einem tieferen Sinn mitteilen. Die Kinder finden in ihrem eigenen Alltag viele solche Fälle.

Dann können wir nach und nach Wundergeschichten auf eine neue Weise kennenlernen und immer wieder die Frage stellen, was sie "Wahres" mitteilen möchten.

 

Schliesslich sollen Kinder in der Mittelstufe in einer grundsätzlichen Auseinandersetzung folgendes über die biblischen Wunderberichte erfahren:

Grundsätze zum Erzählen von Wundergeschichten:

In der Unterstufe steht das farbige, anschauliche Erzählen im Vordergrund. In aller Regel ist es kein sinnvolles Arrangement, eine Geschichte aus dem Blickwinkel von Jesus selber zu erzählen. Sinnvoller ist die Perspektive eines Kranken, bzw. Gefährdeten, damit seine Gefühle deutlich werden (Hoffnung, Angst, Fragen, ...). Von dieser Hoffnung aus kann dann ausgesprochen werden, was Menschen tatsächlich von ihm erwarteten und welche Erfahrung sie gemacht hatten.

In der Mittelstufe sollen Wundergeschichten in Zusammenhang mit den Worten Jesu gestellt werden. Es geht also darum, aus diesen Wundergeschichten zu erfahren, was Jesus wichtig war, für wen er sich eingesetzt hat usw. Zudem gehören die Wundergeschichten zwingenderweise zu einem vollständigen Bild über Jesus von Narareth.

Wo finden wir Material zur Arbeit mit den Wundergeschichten: